Sonntag, 23. November 2014

Sonntag,

23. November 2014

[lied des tages: 'allegretto, dritte symphonie' von johannes brahms]


Huhu, da bin ich wieder!

Hm, genau einen Monat habe ich mich jetzt nicht mehr gemeldet, allerdings ist auch nicht allzu viel passiert – und gleichzeitig doch eine Menge. Es ist eigentlich unmöglich, mein Leben hier zu hundert Prozent wiederzugeben, weil ich einerseits unzählige kleine Details jeden Tag wahrnehme und alles aufschreiben müsste, um nichts zu vergessen - weil aber auch andererseits viel Alltag herrscht. Und es wäre ja langweilig, wenn ich mich ständig wiederholen würde.

Pre-School Foto wird vorbereitet. 1, 2, 3 ...
Von ein paar kleinen Events kann ich euch trotzdem erzählen.
Habe ich zum Beispiel schon erwähnt, dass ich hier viel mehr mit Freunden mache als in Deutschland? Es bietet sich einfach die Gelegenheit an, denn man wohnt nur ein paar Minuten voneinander entfernt und kann deswegen einfach mal zum Kochen rüberkommen.
Letztens erst habe ich ein atemberaubendes Frühstück an einem geheimen Platz im Wald mit Meerblick gehabt und sogar Delfine und Wale gesehen. Ich habe mich im Moment der Ankunft verwünscht, weil ich meine Kamera nicht dabei hatte – dabei sah es so traumhaft aus! Schmetterlinge zogen Kreise durch die Luft, bunte Insekten flogen durch das Sonnenlicht und man hörte die Brandung von der Küste. Dabei noch Pfannekuchen mit Ananasstückchen und man ist im Himmel! Leider war das frischgebackene Brot von Laura nicht ganz durch, aber das tat dem Zauber keinen Abbruch. :D
... und Zunge rausstrecken!!!
An diesem Ort haben wir abends auch Hymens (einer der Gründer Transcapes) Geburtstag gefeiert. Wir haben hier viel solarbetriebenes Licht und dazu gehören auch kleine Behälter, auf deren Deckel winzige Solarplatten eingebaut sind, sodass das Licht in den Glasbehälter strahlt. Sieht fast magisch aus, wenn man sich reinsteigert. Beinahe so, als wären kleine Glühwürmchen darin. Diese Behälter hingen an dem Abend überall, außerdem waren noch Luftballons an den Ästen befestigt und ein Lagerfeuer brannte hell vor sich hin. Wir haben Musik gehört, geredet, gegessen und am Ende gab es sogar Kuchen (Kuchen!!!!!!) und Champagner (Champagner!!!!!!), der fröhlich herumgereicht wurde. Das war schon toll.
In dieser Woche haben wir auch Maddys Wiederkehr aus Istanbul gefeiert (sie war einen Monat im Urlaub) und einen Essensabend mit den Mädels hier in Vukani Backpackers gab es auch. Sie machten Fatcooks (Magwinya) und wir Pfannekuchen (ja, die esse ich hier viel! :P Don't judge me). Es war eine Art interkultureller Abend, könnte man sagen, und er war ziemlich genial.
Selfie-Versuch Nummer 1 ...
Diese drei Mädels haben sich auch einmal an meinen Haaren versucht – sie können sich schließlich selbst echt akrobatische Frisuren machen – aber nun ja, seht selbst. Es war wohl eher des Spaßes wegen. Ich hab's aber genossen, denn ich mag es total gerne, wenn man etwas mit meinen Haaren anstellt. Nicht aufgrund des Ergebnisses, sondern weil es einfach verdammt angenehm ist. :D
Wir haben uns auch gegenseitig Bilder gezeigt (ich habe ein paar Fotoabzüge dabei, sie können natürlich nur alles auf dem Handy speichern). Sie schauten sich die Fotos nicht nur an, sie berührten sie auch, nahmen jedes Einzelne in die Hände, lachten laut oder machten erstaunte Laute. Und sie redeten vor allem viel und schnell in ihrer Muttersprache. Es war super lustig und stellenweise etwas merkwürdig. Meine Welt unterscheidet sich einfach krass von ihrer. Ich kam mir schon ein bisschen seltsam vor, als ich bei Bildern von Familienurlauben erzählte, wo das war, während die drei nicht ein einziges Mal in ihrem Leben ihren Geburtsort verlassen hatten.
... und Selfie-Versuch Nummer 2. :D
(Von links nach rechts: Asipe, Khaniswa, ich und Ongesiwe)
Und wer hätte das gedacht, die Jule hat sich tatsächlich am Surfen probiert. Für den Anfang habe ich nur auf dem Surfbrett gelegen und mich von den Wellen mitreißen lassen, aber ich hoffe, dass ich wenigstens nach ein bisschen Übung drauf stehen kann! (Man darf ja träumen).
Dann gab es einen Teambuilding-Tag mit den Arbeitskollegen – organisiert von Pia – an dem wir alle sehr viel Spaß hatten. Es wurde gut gegessen, über Sorgen und Teamarbeit geredet. Zwischendurch lockerten lustige Spiele die Stimmung auf. Am Ende wurde uns die Hausaufgabe aufgetragen, für jeden Arbeitskollegen Komplimente in einen Umschlag mit dessen Namen zu stecken. Nach einer Woche durften wir die Umschläge öffnen und ich muss sagen: es war wunderbar, darüber zu lesen, was meine Kollegen hier an mir schätzen!
Imenathi, die Tochter von Ongesiwe <3
Übrigens war ich auch auf einer Beerdigung letzten Monat. Nein, keine Sorge, den Verstorbenen kannte ich nicht – aber es ist hier üblich, dass so viele Menschen wie möglich auf die Beerdigung gehen, um den Verstorbenen gebührend zu feiern. Die Nacht vor der Beerdigung wird pausenlos gesungen, bis in den Morgen hinein, deswegen wohl machten einige Besucher einen müden Eindruck, aber ich sah nicht einmal jemanden weinen. Im Gegensatz zu deutschen Beerdigungen sind die südafrikanischen Beerdigungen eine fröhliche Angelegenheit. Es wird gesungen, gebetet (aber lautstark!), geredet. Mir wurde empfohlen, einen Rock anzuziehen, weil das alle Frauen dort machen und ich muss sagen, dass ich noch nie eine so bunte Beerdigung – nein, ein so buntes Fest – erlebt habe. Niemand war in Schwarz gekleidet. Alle Farben waren vertreten, vor allem bei den Frauen.
Arbeitskollegen! :D Foto vom Teambuilding.
Laura, Pia, Naomi, Jay, ich, Andisiwe, Nokukhanya
Nachdem der Verstorbene ins Grab gelassen worden war, bildeten die jungen Frauen eine lange, lange, lange Schlange, in der das Essen weitergereicht wurde. Zuerst bekamen die Männer, dann die alten Menschen, dann die Frauen und schlussendlich die Kinder etwas zu essen. Die, die in der Schlange standen, natürlich zuletzt. :D
Ich hätte sehr gerne Fotos von diesem Erlebnis, aber andererseits wäre ich mir auch dreist vorgekommen, hätte ich Fotos geschossen. Außerdem will ich nicht, dass das ganze Dorf weiß, dass ich eine Kamera besitze und da ich diese sowieso mal wieder nicht dabei hatte, war die Sache damit erledigt. Ich hoffe aber, ich habe eindrücklich genug davon erzählt, sodass du jetzt eine ungefähre Vorstellung davon hast, wie es dort gewesen ist.

Alles Liebe aus einem immer heißeren Südafrika!

Dein Julchen